Geschichtenkiste

Krafttier Panda

Wunderweg-Heilsame Klänge / Krafttier Panda

Der Weg ist das Ziel

Langsam drangen die ersten Sonnenstrahlen durch die Baumkronen und bildeten ein wunderschönes Farbenspiel am Boden. Bereits seit ein paar Stunden zwitscherten die ersten Vögel fröhlich umher und als eine leichte Brise durch den Wald zog, schien es, als ob alle Tiere fast schon gleichzeitig erwachten und dem Tag entgegenblickten. Auch der Panda öffnete, wenn auch etwas schlaftrunken, seine Augen. Heute hatte er einen weiten Weg vor sich, weshalb er sich zügig aufrappelte und seinen Unterschlupf verließ. „Auf zum Sonnenaufgang. Immer Richtung Osten“, murmelte er vor sich hin, während seine Augen fasziniert auf die sich bewegenden Flecken auf der Erde schauten und sich seine Lunge mit frischer, noch leicht kühler Waldluft füllte.

Und als er so vor sich hin trabte, sah er am Wegrand einen verschlafenen Bären sitzen. „Wohin des Weges?“, fragte der Bär, während er abwechselnd das eine und das andere Auge schloss, damit die Sonne ihn nicht blenden würde. „Heute habe ich viel vor. Ein langer Weg liegt vor mir. Möchtest du mich ein wenig begleiten? Ein Morgenspaziergang macht munter“, meinte der Panda. „Na gut, dann gehen wir eben zusammen ein Stück“ und mit diesen Worten stand der Bär auf, schüttelte einmal sein Fell kräftig durch und kam dem Panda entgegen. 

Eine ganze Weile schon liefen sie zu zweit nebeneinanderher, als auf einmal direkt vor ihnen drei Rehe hektisch über den Weg sprangen. „Ist alles okay bei euch? Ist etwas passiert?“, fragte der Panda sichtlich überrascht. „Ach naja, in letzter Zeit sind wir sehr gestresst. Wir kommen kaum noch zur Ruhe“, meinte das eine Reh. „Dann kommt doch mit uns! Ich habe noch einen langen Weg vor mir und der Bär und ich würden uns über Gesellschaft freuen. Ein ruhiger Spaziergang hilft, um wieder zur Ruhe zu kommen.“ Die Rehe sahen sich gegenseitig kurz an, nickten dann aber und schlossen sich den beiden an.

Inzwischen war es schon fast Mittag, die Sonne schien senkrecht auf den Wald hinab und in der Ferne hörte man einen Bach sprudeln. Als der Panda seinen Blick schweifen ließ, sah er zwei Biber an ihrem Damm streiten. „Lasst uns zum Bach gehen, eine kurze Pause machen, etwas trinken“, unterbrach der Panda die angenehme Stille. Und so zweigten sie alle vom geplanten Weg ab, um sich kurz am Rande des Ufers auszuruhen. 

Doch der Panda ging direkt auf die Biber zu. „Darf ich euch fragen, warum ihr euch streitet?“, fragte der Panda und lenkte so die Aufmerksamkeit auf sich. „Er hat das falsche Holz besorgt und jetzt wird unser Damm zu schnell morsch! Und das nur, weil er nie richtig zuhört!“, antwortete der eine Biber sichtlich verärgert. „Ich hör nicht richtig zu?! Also ist das jetzt meine Schuld? Den ganzen Tag sammle ich im Wald verschiedenste Sachen zusammen, während du hier auf der faulen Haut sitzt! Und dann muss ich mich noch kritisieren lassen?!“, entgegnete der andere Biber wütend. „Kommt doch mit uns!“, meinte der Panda, „Ich habe noch einen langen Weg vor mir und die anderen begleiten mich. Macht eine kurze Mittagspause, geht mit uns ein Stück spazieren und wer weiß, vielleicht findet sich ja das richtige Holz auf dem Weg.“ Sichtlich mit den Nerven am Ende seufzten die Biber. „Du hast recht, wir begleiten dich ein Stück. Wir sitzen ständig zu zweit aufeinander, es wird uns sicherlich guttun, mal nicht miteinander zu reden“.

Obwohl der Panda seinen Spaziergang allein angetreten war, gingen sie nun bereits zu siebt durch den Wald. „Ist das nicht schön? Die Beeren dort am Strauch“, sprach eins der Rehe. „Die sind doch noch gar nicht reif!“, entgegnete der Bär stirnrunzelnd. „Und trotzdem sind sie bereits sehr schön. Auch wenn sie noch nicht vollständig perfekt sind“, erklärte der Panda.

Die Mittagshitze verging und der Nachmittag begann, als der Panda auf einmal einen kleinen Hasen traurig auf einem umgestürzten Baum sitzen sah. „Hey Kleiner, was ist denn los? Warum bist du so traurig?“, sprach der Panda ihn an, während er ein kleines Stück auf ihn zuging. „Ach weißt du, seit die Kinder den Bau verlassen haben, fühle ich mich so einsam“, erklärte der Hase bedrückt. „Na dann komm doch mit uns“, meinte der Panda aufmunternd, „Ich habe noch einen langen Weg vor mir und die anderen hier leisten mir Gesellschaft. Begleite uns ein Stück und unterhalte dich mit uns.“ „Hm, okay. Ich habe sowieso nichts Besseres zu tun“, überlegte der Hase, sprang vom Baum und hoppelte den anderen entgegen.

Und als sie so dahingingen, wechselten sich gelassene Gespräche und angenehmes Schweigen ab, sie gingen so lange bis man den Sonnenuntergang schon wieder am Horizont erkennen konnte.

„Ich lauf ja schon den ganzen Tag mit dir!“, fiel dem Bären auf.

„Und wir haben eigentlich noch so viel zu tun!“, riefen die Rehe.

„Und wir haben ganz vergessen, nach dem guten Holz Ausschau zu halten!“, fiel den Bibern erschrocken auf.

„Sag mal Panda, wo gehen wir eigentlich hin? Du hast niemandem dein Ziel verraten!“, warf der Hase lautstark entgegen.

„Meine Freunde“, antwortete der Panda, „Ihr habt mich begleitet, weil es genau das war, was euer Körper und euer Geist heute gebraucht haben, um wieder ins Gleichgewicht zurückzufinden.“

Und gerade als der Sonnenuntergang nun auch seine Spuren im Wald hinterließ und alles etwas rötlicher und violetter wirkte, blieb der Panda stehen, drehte sich zu seinen Freunden um, sah jedem abwechselnd tief in die Augen, bevor er sprach: „Und manchmal, ist der Weg das Ziel.“ Und mit diesen Worten tapste der Panda die letzten paar Schritte zurück in sein Zuhause.